Insgesamt 16 Mitglieder des Meininger Bündnisses für Demokratie und Toleranz hatten am 27. Januar 2021, am Gedenktag an die Opfer des Nationalismus die 35 Stolpersteine in der Theaterstadt gereinigt. Da in diesem Jahr keine Veranstaltung zum Gedenken durchgeführt werden konnten, haben sich die Bündnismitglieder zu dieser Aktion entschlossen. 1945 befreite die Rote Armee an diesem Tag die wenigen Auschwitz-Überlebenden. Dieser Jahrestag ist seit 1996 der bundesweite Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. 2005 haben ihn die Vereinten Nationen zusätzlich zum internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust erklärt. Ihre Gedanken zur Gedenkaktion hat das Bündnismitglied Dorothea Prager wie folgt zusammengefasst:
„Gemeinsam mit Ivette Herchenhahn liefen wir zur Leipziger Str. 34. Beim Reinigen und Putzen war mir Ivette ein guter Schutz, denn ein junger Mann fuhr schnell sehr nah an mir vorbei in Richtung eines Ladens. Beim Verlassen sah er uns immer noch putzen und erkundigte sich. Die Informationen über den 27. Januar als Internationalen Gedenktag für die Opfer des Holocaust nahm er verstehend auf. Mit Ivette bin ich im bewegenden Austausch über diese furchtbaren Geschehen, ja, bis in unsere Zeit hinein. Wir halten eine Gedenkminute und singen „Shalom chaverim“.
In der Leipziger Str. 8 rauschte der immense Feierabendverkehr auf der B19 vorbei. Die drei Stolpersteine werden gut von einer Straßenlaterne beleuchtet. Nach dem Putzen sprach uns eine ältere Dame an: „Über Stolpersteine laufen wir meist achtlos dahin, treten wir dann die Ermordeten nicht noch einmal mit unseren Füßen?“ Sie ist für das Anbringen von Gedenktafeln an Häusern. Ich denke daran, wie ich damit umgehe. Ja, wir sollen über diese Steine stolpern, sie stoßen uns zum Nachdenken an. Ich bin froh, dass die Stadt Meiningen ihre Geschichte mit den früher hier ansässigen Juden gut aufarbeitet und Zeichen der Erinnerung gibt und sich auch ihrer Verantwortung stellt. Ich nehme daran Anteil und hoffe und bete, dass wir mit unseren Mitmenschen in Achtung, aufmerksamer Zuwendung, in Toleranz und im Frieden leben wollen und uns dafür einsetzen.“
Mit im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln, sogenannten Stolpersteinen, soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Nazizeit ermordet und deportiert wurden. Die ersten Meininger Stolpersteine wurden im Jahr 2010 für Else Oestreicher, Käthe Thun und Paula Romberg verlegt. In den Folgejahren wurden weitere 32 Gedenksteine im Rahmen des gleichnamigen Kunst-Projekts von Gunter Demnig zur Erinnerung in Meiningen verlegt. Über 75.000 Gedenksteine gibt es mittlerweile in fast 1.200 deutschen Städten und Gemeinden.